Datenschutz: Stand der EuGH – und BGH-Rechtsprechung zum „Recht auf Vergessenwerden“

Das Recht auf Vergessenwerden gemäß Art. 17 DSGVO ermöglicht es Betroffenen, die Kontrolle über ihre personenbezogenen Daten im digitalen Zeitalter zu behalten. Entscheidungen des BGH und des EuGH haben dieses Recht erweitert und spezifiziert, indem sie eine ausgewogene Grundrechtsabwägung erfordern. Suchmaschinenbetreiber können verpflichtet werden, entsprechende Inhalte auszulisten, um den Schutz der Privatsphäre zu gewährleisten.

Worum geht es?

Im digitalen Zeitalter kann es zu einer unangenehmen Überraschung werden, wenn der eigene Name in einer Suchmaschine auftaucht und unerwünschte Informationen oder Fotos sichtbar werden.

Der Löschungsanspruch ermöglicht es jedoch, solche Inhalte entfernen zu lassen. Über dieses sogenannte Recht auf Vergessenwerden haben im Juni 2024 der Bundesgerichtshof (BGH) und im Oktober 2024 der Euro­päische Gerichtshof (EuGH) jeweils Entscheidungen erlassen.

Kernaussage

  • Art. 17 DSGVO regelt das Recht auf Löschung: Betroffene können verlangen, dass Verantwortliche sie be­treffende personenbezogene Daten unverzüglich löschen.
  • Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Recht auf freie Meinungs­äußerung und Information und Pressefreiheit das Interesse an Privatsphäre überwiegt.

Die Entscheidungen

a) EuGH vom 04.10.2024 (C-200/23)

Im Fall des EuGH ging es um die Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im online Handelsregister. Diesbezüglich entschied der EuGH, dass personenbezogene Daten, die nach handelsrechtlichen Vorschriften nicht zu veröffentlichen sind, entfernt oder geschwärzt werden dürfen.

b) BGH Urteil vom 04.06.2024 (II ZB 10/23)

Der BGH hat in diesem Fall entschieden, dass die Daten eines ehemaligen Vereinsvorstands 20 Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Amt im Vereinsregister nicht mehr online öffentlich einsehbar sein müssen. Das öffentliche Informationsinteresse trete dann in den Hintergrund. Bei einem berechtigten Interesse reiche eine Bereitstellung an den jeweiligen Dritten aus.

Löschung von Suchmaschineneinträge

Grundsätzlich besteht der Löschungsanspruch gegen den jeweiligen Webseitenbetreiber auf dessen Seite die personenbezogenen Informationen auffindbar sind.

Da ein entsprechendes Ersuchen aber teilweise fruchtlos bleibt, besteht nach Auffassung der Datenschutz­behörden „regelmäßig ein Auslistungsanspruch gegen die Suchmaschinenbetreiber […], damit die Inhalte bei namensbezogener Suche nicht mehr auffindbar sind“.

Neben den zuvor aufgelisteten Interessen muss dann auch noch die unternehmerische Freiheit der Such­maschinenbetreiber beachtet werden. Insbesondere ist dabei zu beachten, dass gerade bei online-Veröffent­lichungen eine Schwärzung von Dokumenten ein milderes Mittel sein kann.

Datenschutzrechtlichen Löschungsanspruch geltend machen

Laut eines Urteils des BGH von 2018 (VI ZR 489/16) muss ein Sachmaschinenbetreiber erst nach Hinweis auf eine offensichtliche Persönlichkeitsverletzung tätig werden. Im Anschluss bedarf es laut eines BGH-Urteils von 2020 (VI ZR 405/18) einer umfassenden Grundrechtsabwägung.

Der EuGH hat dann 2022 festgelegt (C-460/20), dass Betroffene nachweisen müssen, dass die in den Such­ergebnissen enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind.

Dieser Nachweis kann durch gerichtliche Entscheidungen oder andere geeignete Belege erfolgen. Für Google ist eine Geltendmachung beispielsweise über ein spezielles Antragsformularmöglich.

Ergänzende Tipps und Hinweise für die Vorstandarbeit

Die beiden aktuellen Entscheidungen von EuGH und BGH zum Recht auf Vergessenwerden bauen das Betrof­fenenrecht weiter aus und konkretisieren es.

Sowohl der BGH als auch der EuGH betonen, dass die Entfernung personenbezogener Informationen aus dem Internet immer im Kontext einer umfassenden Grundrechtsabwägung betrachtet werden muss.

Auch Vereine und Verbände sollten die verschiedenen Betroffenenrechte kennen und sich bewusst sein, dass eine klare Beweisführung und fundierte Nachweise notwendig sind, um den Löschungsanspruch erfolgreich geltend zu machen.

Quelle:      EuGH vom 04.10.2024 (C-200/23) und BGH Urteil vom 04.06.2024 (II ZB 10/23)

Der Text ist ein Auszug aus der Ausgabe Nr. 65 unseres Infodienstes "Rechtstelegramm der Vereins- und Verbandsarbeit"